Kupieren von Lämmerschwänzen

Im Tierschutzgesetz steht im §5 Abs. 1: "An einem Wirbeltier darf ohne Betäubung ein mit Schmerzen verbundener Eingriff nicht vorgenommen werden. [...]". 
Ergänzend steht allerdings in Abs. 3: "Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich [...] 
3. für das Kürzen des Schwanzes von unter vier Tagen alten Ferkeln sowie von unter acht Tage alten Lämmern, 
4. für das Kürzen des Schwanzes von unter acht Tage alten Lämmern mittels elastischer Ringe, [...]". [Quelle]

Wenn man das liest denkt man, dass Kupieren sei erlaubt. In §6 steht allerdings: 
"(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen [...]. Das Verbot gilt nicht, wenn [...] 
3. ein Fall des § 5 Abs. 3 Nr. 2 bis 6 vorliegt und der Eingriff im Einzelfall für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer Tiere unerläßlich ist , [...]" [Quelle]

Nun ist die Frage wann denn ein Einzelfall gegeben ist. Hierzu gibt es einen Erlass der uns von Dr.Schulze vom Veterinäramt Nordschleswig (s. "Der Schafhalter II/09") übermittelt wurde. In dessen Anlage 3 steht:

"Eingriffe nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 und 4 Tierschutzgesetz
(Kürzen des Schwanzes bei Lämmern)

Die genannten Eingriffe dürfen nicht routinemäßig, sondern nur im Einzelfall durchgeführt werden, wenn diese unerlässlich sind, um in der Vergangenheit aufgetretene Schäden bei Tieren zukünftig zu vermeiden. Im Hinblick auf einen einheitlichen Vollzug sind folgende Auslegungshinweise zu beachten.

 

In Erwägung dass:

  • viele gezüchtete Schafrassen lange, bewollte Schwänze haben, die insbesondere durch Kotreste stark verschmutzen können,
  • von der verkoteten und feuchten Analregion Infektionen infolge Verletzungen aufsteigen können und es regelmäßig zu Ansiedlungen von Fliegenlarven in Haut und Unterhaut (Myasis) kommt,
  • die Myasis mit erheblichen Gewebezerstörungen einhergeht und ohne Behandlung zum Tod der betroffenen Tiere führen kann,
  • dem nicht durch eine Änderung der Haltungsbedingungen entgegengewirkt werden kann und Managementmaßnahmen mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden sind (z.B.regelmäßiges Scheren der Hinterhand inklusive des Schwanzes),
  • das Kürzen des Schwanzes bei Lämmern daher gute fachliche Praxis ist, erscheint es vertretbar, dass das Kürzen des Schwanzes bei Lämmern unter bestimmten Voraussetzungen durchgeführt wird.

 

Für die Inanspruchnahme der Einzelfallregelung nach §6 Abs.1 Nr.3 ist Voraussetzung, dass

  • es sich bei den gehaltenen Tieren um Schafrassen mit langen, bewollten Schwänzen handelt und der Eingriff daher aus hygienischen Gründen und zur Gesunderhaltung der Tiere erforderlich ist und
  • die Tiere zur Zucht vorgesehen sind und
  • der Eingriff bei Lämmern bis zu einem Alter von unter acht Tagen erfolgt und
  • der Schwanz so gekürzt wird, dass er bei erwachsenen männlichen Tieren den After (Anus) und bei weiblichen Tieren zusätzlich die Schamlippen (Vulva) bedeckt, damit mit dem verbleibenden Schwanz wirksam Fliegen aus dieser Region abgewehrt werden können (i.d.R. müssen vier Schwanzwirbel erhalten bleiben) und
  • der Eingriff von einer Person durchgeführt wird, die die dafür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.

 

Als Einzelfall können auch Tiergruppen sowie der Gesamtbestand angesehen werden."

 

Soweit Zitate aus der Gestzgebung, doch was heißt das für uns Schafhalter?

 

Der Hobbyschafhalter darf überhaupt nicht kupieren, denn ihm ist immer die Schwanzschur bei seiner überschaubaren Tierzahl zuzumuten.
Der Nebenerwerbslandwirt wird ähnlich beurteilt werden, da auch bei ihm die Zahl der Zuchttiere begrenzt sein wird.
Der Großbetrieb mit mehreren hundert Tieren wird wohl auch nicht alle Tiere kupieren dürfen, da er nur seine Zuchttiere kupieren darf, falls erforderlich, denn nur für diese gilt ja die Ausnahmeregelung. Seine Mastlämmer darf er nicht kupieren.